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Am Samstag wollen tausende Menschen gegen die Coronavirus-Auflagen demonstrieren, Reichsbürger, Coronaleugner und Neonazis rufen zum „Sturm auf Berlin“ auf. Auch am Freitag gibt es bereits Proteste in Berlin-Mitte.
Versammlung am Brandenburger Tor löst sich auf
Die Versammlung vor dem Brandenburger Tor löst sich auf, um 22 Uhr soll Schluss sein. Langsam verteilen sich die Menschen in alle Himmelsrichtungen, die Polizei bedankt sich per Lautsprecherwagen für die Kooperation und fordert die Menschen zum Gehen auf.
Polizeipräsidentin Slowik: „Auflagen helfen uns nicht, eine Demo aufzulösen dauert Stunden“
Zum Ende der Kundgebung ringt sich Polizeipräsidentin Barbara Slowik dann doch zu einigen kurzen Fragen durch. Sie bedauere die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das am Nachmittag das Verbot für die große Demo am Samstag aufgehoben hatte. Noch hoffe sie auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG), bei dem die Polizei Beschwerde einlegte und dessen Entscheidung zur Stunde noch aussteht.
Sollte auch das OVG die Demo erlauben, „werden wir sie begleiten und sehr genau auf Abstände und Auflagen achten“. Sieht sie nicht die Gefahr, dass die Demonstranten gezielt die Regeln brechen und erneut erschreckende Bilder von Menschenmassen dicht an dicht durch Europa gehen? Tatsächlich, sagte Slowik, helfen die Auflagen des Gerichts der Polizei kaum. „Wenn sich die Menschen nicht daran halten, sind wir geboten, die Demonstration aufzulösen . Das geht aber bei Tausenden Demonstranten nach rechtsstaatlichen Prinzipien nicht innerhalb von 20 Minuten, sondern dauert Stunden.“ Viel Zeit, in der die Infektionsgefahr unvermindert hoch ist und der Protest ohne Abstand eine Bühne hat.
Polizeipräsidentin beobachtet das Geschehen am Brandenburger Tor
Polizeipräsidentin Barbara Slowik ist am Abend persönlich zum Brandenburger Tor gekommen, um sich ein Bild der Lage zu machen. Sie steht umringt von Kollegen im Schatten der Bäume an der nördlichen Seite des Platzes des 18. Märzes und beobachtet das Geschehen. Sie sieht in Anbetracht der Situation entspannt aus, wippt sogar zu den Klängen von ABBA von der Bühne einmal ganz kurz mit dem Kopf. Äußern will sich Slowik nicht, „ich glaube, ich habe heute genug gesagt“.
Barbara Slowik Bild: Christoph Soeder / dpa
Zuvor hatte Slowik eine Pressekonferenz gegeben und das Demonstrationsverbot verteidigt. Sie hatte auch zu Verantwortungsbewusstsein aufgerufen: „Handeln Sie bitte verantwortungsbewusst und vernünftig. Es gibt nichts, was Gewalt legitimieren kann“, sagte sie.
Redner auf der Bühne am Brandenburger Tor
Auf der Bühne am Brandenburger Tor treten jetzt Redner und Künstler auf. Den Anfang macht ein Rapper, dessen Musik nach Reggea klingt, der aber versäumt, sich vorzustellen. Eine zwar nicht repräsentative, aber doch aussagekräftige Stichprobe von etwa 15 befragte Demonstranten liefert: Niemand weiß, wer der Mann ist. Auf ihn folgt „Stephanie“, die sich mit „ich bin Ärztin“ vorstellt, ohne Fachgebiet und Nachnamen. Sie fordert die Menschen auf, den Blick nach innen zu richten, die Hand auf das Herz zu legen und fragt die Corona-Kritiker: „Wie möchtet ihr geliebt werden?“
Vor der Bühne am Pariser Platz Bild: Silvia Perdoni
Antifaschistische Demo vor Hildmann-Imbiss
Gegenüber der veganen Snackbar von Koch und Verschwörungstheoretiker Attila Hildmann in der Charlottenburger Schillerstraße demonstrieren Linke gegen Corona-Leugnung und Verschwörungstheorien. Die Teilnehmer skandierten "Hau ab!", auf Bannern steht "Nazis raus" und "Nie wieder". Direkt vor dem Laden stehen Hildmann-Befürworter, die Berliner Polizei trennt die beiden Gruppen voneinander.
Fotos von Teilnehmenden auf Twitter zeigen, wie Männer im Imbiss schwarz-weiß-rote Reichsflaggen aus den Fenstern hissen.
Kein Konzert von rechtsextremen Rapper
Vor dem Reichstag wird zur Stunde eine Bühne aufgebaut - allerdings offensichtlich nicht für ein Komzert des rechtsextremen Rappers Chris Ares am Freitagabend, wie es unter den Demonstranten am Brandenburger Tor zuvor gehießen hatte. „Auf dieser Bühne wird morgen einiges gehen, heute nicht“, sagt ein Ordner, ohne konkret zu werden. Die Menschen, die zuvor vor dem Gebäude „Volkslehrer“ Nikolai N. beim Polkatanzen zugesehen hatten, haben sich mittlerweile in alle Richtungen verteilt. Noch etwa 50 Menschen stehen vor der Reichstagswiese, machen Selfies und schauen beim Bühnenaufbau zu.
Schaulaufen der Rechten
Zwischen Bundestag und Pariser Platz findet bereits heute ein regelrechtes Schaulaufen von extremen Rechten und Reichsbürgern statt. Mit dabei: Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer, mehrere Aktivisten der rechtsextremen Identitären Bewegung, darunter Martin Sellner und Paul Klemm. Letzterer hält die Coronaproteste für „eine Art Endkampf“ zwischen „globalistischer Elite und einfachem Volk“. Vor dem Reichstag tanzt der sogenannte „Volkslehrer“ Nikolai Nerling, der seit Jahren Holocaustleugner unterstützt. Der mehrfach verurteilte Reichsbürger und Ex-NPD-Kader Rüdiger Hoffmann, der wegen versuchten Mordes mehrere Jahre im Gefängnis saß, ist ebenso vor Ort wie der rechtsextreme Schweizer Politiker Ignaz Bearth. Weitere Gäste: AfD-Funktionär Stefan Bauer, der rechte Medienmacher Peter Weber, Rechtspopulist Oliver Flesch sowie die bekannten Verschwörungstheoretiker Martin Lejeune und Thomas Grabinger. In diversen Livestreams ist zu sehen, wie diese Szenegrößen von den Demonstranten gefeiert werden. Versuche, sich von ihnen zu distanzieren, gibt es nicht.
Zu sehen sind auch Hemden mit antisemitischen Motiven , dazu ein Landser-Shirt. Teilnehmer behaupten, vor dem Brandenburger Tor hätten sich aktuell 20.000 Demonstranten versammelt - eine erneute groteske Fehleinschätzung. In einem Livestream wird gefragt, wann denn morgen die Waffen ausgegeben werden.
Demo-Teilnehmer tragen Antisemitismus zur Schau
Auf der Anti-Corona-Demo vor dem Brandenburger Tor tragen mehrere Teilnehmer offen antisemitische Symbolik auf Jacken und T-Shirts zur Schau. Auf dem Rücken eines Mannes steht: "Freiheit" und "Neue Weltordnung" - ein Narrativ aus antisemitischen Verschwörungsideologien. In der Mitte des Aufnähers ist ein durchgestrichener Davidstern zu sehen. (mlk)
Auch die Shoa wird von Teilnehmern der Demonstration offen relativiert:
Volkslehrer tanzt Polka vor dem Reichstag
Der als „Volkslehrer“ bekannt gewordene Nikolai N. führt vor dem Reichstag ein Recht sonderbares Spektakel auf. „Wer will Polka lernen“, brüllt er mit heiserer Stimme, rennt dabei durch die Zuschauenden und zerrt sie an den Armen in seinen Tanzkreis. Nach dem Sinn der Performance gefragt, zucken die Umstehenden mit den Schultern und wippen weiter im Takt. N. war im Jahr 2018 fristlos aus dem Dienst einer Grundschule entlassen worden, nachdem er auf seinem YouTube-Kanal rechtsextreme und antisemitische Inhalte verbreitet hatte.
Der "Volkslehrer" tanzt vor dem Reichstag Polka Bild: Silvia Perdoni
Die Corona-Demos und die Pressefreiheit
Nach Tagesspiegel-Informationen wurde die Arbeit von Journalisten bei der Demo am Pariser Platz bereits mehrfach eingeschränkt. Erst rief eine Gruppe von Demonstrierenden einer RTL-Reporterin während ihrer Live-Schalte „Lügenpresse“ zu und schränkte so ihre Berichterstattung ein. Kurz darauf wurden sowohl ein Kamerateam des RBB, als auch eine ZDF-Crew von Corona-Demonstranten belagert und beleidigt. Schon bei der ersten „Querdenken“-Großdemo am 01. August kam es zu zahlreichen Beleidigingen gegen Journalisten und Journalistinnen. Vereinzelt wurden Pressevertreter angegegriffen und in ihrer Berichterstattung eingeschränkt.
Hinweise auf den Mindestabstand
Das Verwaltungsgericht hat die Großdemonstration am Samstag unter der Auflage erlaubt, dass die Teilnehmer den Mindestabstand einhalten. Am Freitagabend laufen Ordner des Querdenken-Bündnisses in gelben Westen zwischen den etwa 1000 Demonstranten am Brandenburger Tor umher und fordern die Leute auf, weiter nach hinten Richtung Friedrich-Ebert-Straße zu rücken. Pro Forma wird auf die Regel hingewiesen, auch wenn keiner der Westenträger hinter der Aufforderung zu stehen scheint. „Den Abstand braucht man doch gar nicht, bei der ersten Demonstration am 1. August hat sich auch niemand angesteckt“, sagt eine Ordnerin zum Tagesspiegel. Aus Lautsprecherwagen der Polizei sind immer wieder Durchsagen zu hören: „Halten Sie den Mindestabstand ein.“
Bild: Silvia Perdoni
"Compact"-Chefredakteur Jürgen Elsässer kommt zum Brandenburger Tor
Jürgen Elsässer, Chefredakteur des rechten Magazins "Compact" ist bei der Anti-Corona-Demonstration am Brandenburger Tor angekommen. Er wird von Martin Sellner, dem Kopf der rechtsextremen Identitären Bewegung aus Österreich, begleitet.
In welcher Verbindung steht Elsässer mit der "Querdenker"-Bewegung?
Seit März wird „Compact“ vom Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ eingestuft. Den
Coronaprotesten widmet das Magazin in seiner neuen Ausgabe fast 20 Seiten. Chefredakteur Elsässer lobt, bei der
„Querdenken“-Bewegung gebe es keinerlei „Abgrenzung nach rechts“. Warum sympathisiert er mit den Corona-Leugnern? Mehr lesen Sie hier:
Das extrem rechte Magazin „Compact“ hofiert Coronaskeptiker - und setzt auf Angstmache. Damit folgt es seinem Erfolgsprinzip.
Tagesspiegel | Sebastian Leber
Linke Aktivisten rufen zu Gegendemos auf
Linke Aktivisten wollen am Samstag gegen die angekündigten Demonstrationen gegen die Corona-Politik protestieren. Das Berliner Bündnis gegen Rechts rief zu einer Kundgebung ab 9.30 Uhr auf dem Bebelplatz in Mitte auf. Motto: „Kein Schulterschluss mit Nazis“. Unter dem Titel „Tätervolk sucht Opferrolle?“ organisiert außerdem die Bergpartei ab 10.00 Uhr eine Kundgebung am Bahnhof Friedrichstraße. Um 12.00 Uhr soll dann von dort ein Fahrradkorso starten.
Gegner der Corona-Maßnahmen haben unter anderem eine große Demonstration auf der Straße des 17. Juni am Samstag in der Hauptstadt angemeldet, die von der Polizei untersagt wurde. Dieses Verbot hob das Verwaltungsgericht inzwischen auf.
Daraufhin legte die Berliner Polizei Beschwerde gegen das Urteil ein. Die Beschwerde beziehe sich zunächst nur auf die Abschlusskundgebung und nicht auf den von einem weiteren Anmelder beantragten Demonstrationszug. Zu diesem Aufzug gab es demnach zunächst noch keinen Beschluss des Verwaltungsgerichts, er wurde für den Abend erwartet. (AFP, dpa)
Das Verwaltungsgericht hat das Demo-Verbot gekippt. Doch die Berliner Polizei akzeptiert die Entscheidung nicht.
Tagesspiegel | Alexander Fröhlich
QAnon-Ideologie auf dem Pariser Platz
Das Teilnehmerspektrum bei der Versammlung auf dem Pariser Platz ist ähnlich diffus wie bei anderen Corona-Demos zuvor. In der Menschenmenge vermischen sich Impfgegegner, Esoteriker und einfache Kritiker der Corona-Maßnahmen. Aber auch Anhänger der verschwörungstheoretischen QAnon-Ideologie sind vertreten. Diese sammeln sich gerade vor der amerikanischen Botschaft.
Anhänger der QAnon-Ideologie auf dem Pariser Platz Bild: Julius Geiler
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August 29, 2020 at 05:31AM
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